Die Erdbebentätigkeit auf der ganzen Welt
nimmt zu, und zwar nicht nur an Häufigkeit, sondern auch an Stärke.
Beben über 4,5 stellen eine Gefahr für Leben und Besitz dar; Beben von
8,2 können Hunderttausende Menschen töten, wie das im Jahr 1976 in China
(750-800.000 Tote) geschah. Die Tiere scheinen instinktiv zu wissen,
wann ein Erdbeben droht. In China hat man beobachtet, dass Ratten vor
dem Ausbruch eines Erdbebens hastig aus den Gebäuden fliehen und
Schweine verzweifelt versuchen, sich aus ihren Ställen zu befreien. In
Zentralasien beginnen Pferde und Kamele zu scheuen und lassen sich nicht
zügeln, in Italien geraten Kühe und Ziegen in ihren Ställen in Panik,
in Japan versuchen Katzenfische aus den Teichen zu springen. Kurz vor
dem Erdbeben von Anchorage in Alaska (1964) verließen die großen
Kodiakbären frühzeitig ihre Winterschlafhöhlen und begaben sich aufs
offene Land. Vor dem Erdbeben in Kaich’eng, China (1975), beobachtete
man, dass die Schlangen in Scharen aus ihren Überwinterungslöchern
gekrochen und in Schnee und Eis erfroren waren. Auch Haustiere, die in
Wohnungen gehalten werden, spüren ein Erdbeben voraus: Katzen sträuben
das Fell, Hunde heulen, Fische spielen verrückt. Bei der
Tsunami-Katastrophe am 26.12.2004 in Phuket war auffallend, dass nahezu
kein Tier zum Opfer wurde. Außerdem wurde vielerorts auffälliges
Verhalten von Tieren einige Zeit vor Eintreffen der Tsunami-Welle
beobachtet: Vögel kreischten und Elefanten weigerten sich, ihre normale
Arbeit zu erledigen und versuchten landeinwärts zu flüchten. Erdbeben
werden – wenn es in dem betroffenen Gebiet Vulkane gibt – gewöhnlich von
Vulkanausbrüchen begleitet, da die aufgestauten Kräfte und Spannungen
im Erdinneren nach einem Auslass suchen. Auf Erdbeben, die in der Nähe
des Meeres auftreten, folgen meist gigantische Flutwellen, da auch der
Meeresboden in Mitleidenschat gezogen wird. Diese Flutwellen kündigen
sich fast immer dadurch an, dass das Wasser von der Küste zurückweicht,
um dann innerhalb von Minuten in einen gigantischen Tsunami
zurückzukehren. Tsunamis, die manchmal die unglaubliche Höhe von rund 73
Metern erreichen, türmen sich erst dann zu voller Höhe auf, wenn sie
sich der Küste nähern. Der große Tsunami des Erdbebens von 1923 in
Tokio-Yokohama brachte auf dem offenen Meer kein Schiff zum Kentern,
aber sie versenkte oder zertrümmerte die im Hafen vor Anker oder im Dock
liegenden Schiffe, als sie die Küste ereichte und Yokohama überflutete.
Nicht jedes starke Seebeben führt automatisch zu einem Tsunami:
verursacht das Seebeben nur einen seitlichen Versatz des Meeresbodens,
wird vergleichsweise wenig Wasser bewegt und es entsteht kein Tsunami.
Der Ausbruch eines Unterwasser-Vulkans kann ebenfalls einen Tsunami
verursachen, falls das ausgestoßene Material (Asche, Lava) in kurzer
Zeit eine große Wassermasse verdrängt. Auch Auswirkungen von außen auf
das Meer können Ursache für einen Tsunami sein, z.B. großvolumige
Erdrutsche nach Vulkanausbrüchen. Der Einschlag von großen Meteoriten
oder gar Kometen ins Meer haben in der Erdgeschichte die größten
Tsunamis aller Zeiten verursacht. Tsunamis breiten sich mit einer
Geschwindigkeit von bis zu 1000 km/h im Meer aus. Bei jenen, die durch
ein Seebeben entstehen, hängt die Geschwindigkeit von der Meerestiefe
ab. Was sich ausbreitet ist die Welle, das Muster der Veränderung der
Höhe des Wasserpegels samt der Energie, die in der Welle steckt.
Gefährlich wird es, wenn die Welle auf feststehende Hindernisse im Meer
(kleine Inseln, Bohrinseln, Leuchttürme) trifft oder in den immer
flacher werdenden Küstenbereich größerer Landmassen einläuft. Nähert
sich zuerst ein Wellental dem Land, fließt Wasser vom Strand in das
Wellental. Dadurch wird der Strand oft großflächig trockengelegt. Wer
diese Erscheinung richtig deutet, hat noch Zeit, seine Umgebung zu
warnen und vom Strand zu flüchten, denn bei der großen Wellenlänge des
Tsunamis dauert es zig Minuten bis zu 1/2 Stunde, bis dann die
zerstörerische Flutwelle kommt. Es baut sich dann in kurzer Zeit eine
ansteigende Flutwelle auf. Der ersten Welle folgen meistens weitere, zum
Teil noch gefährlichere als die erste. Gefährlich sind nicht nur die
Wellenberge sondern auch die Wellentäler. Obwohl die Welle durch
Bremsung auf dem Meeresgrund und an der Küste schwächer wird, fließt das
Wasser in den immer noch weiten Wellentälern mit einem ungeheuren Sog
ab, der Dutzende von Kilometern weit ins Meer hinausreicht. Meeresboden
fällt weit über das Maß einer normalen Ebbe trocken, Hafenbecken
entleeren sich bis auf den Grund. Das stärkste, je gemessene Erdbeben
mit Epizentrum in der Nähe der südchilenischen Hafenstadt Valdivia und
einer Stärke von 9,5 auf der Richterskala erzeugte 8 Tsunamis im Abstand
von ungefähr einer Viertelstunde. Nach 15 Stunden traf die erste Welle
in der Hafenstadt Hilo auf Hawaii ein, 10.000 km entfernt vom
Epizentrum. Der bisher folgenschwerste Tsunami in der
Menschheitsgeschichte wurde ausgelöst durch das viertschwerste Erdbeben
seit 100 Jahren mit Stärke 9,0 auf der Richterskala. Das Epizentrum lag
65 km vor der Westküste Nord-Sumatras im Indischen Ozean. Hauptsächlich
betroffen sind Indonesien, Thailand, Sri Lanka, Indien und die
zahlreichen Inselgruppen im Indischen Ozean (Seychellen, Lakkadiven,
Andamanen, Nikobaren). Selbst im fernen Afrika sind Opfer zu beklagen.
Es starben 225.000 Menschen. Entscheidend ist, rechtzeitig aus dem
gefährdeten Küstenbereich zu höheren Standorten oder ins Inland zu
flüchten. So deutete eine 10-Jährige aus England, die wenige Wochen
zuvor in der Schule die Besonderheiten eines Tsunamis kennen gelernt
hatte, das plötzliche Zurückweichen des Wasser am Strand bei Phuket am
26.10.04 richtig als typisches Kennzeichen eines Tsunamis. Sie
alarmierte ihre Mutter und zusammen gelang es ihnen, auch alle anderen
am Strand und im nahen Hotel zu warnen. Alle Personen in diesem
Strandbereich konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen, bevor die
erste Welle über den Strand hereinbrach. An anderen Stränden, nur wenige
Hunderte Meter weiter, mussten viele Hunderttausende Ahnungslose
sterben. Die Erdbebentätigkeit ist an den Verwerfungslinien zwischen den
tektonischen Platten der Erde am meisten ausgeprägt. Es sind dies die
getrennten Kontinental- und Meeresbodenmassen, die sich, getrieben von
den Strömungen im flüssigen Erdinneren, über dem Magma in den tieferen
Bereichen der Erdkruste bewegen, wobei es zu Erdbeben kommt, wenn sie
entlang der Verwerfungslinien aneinander stoßen, sich reiben oder
übereinander schieben. Die Hauptbeben-Zonen entlang der Grenzen der
tektonischen Platten sind der so genannte „Feuerring“, zu dem
Indonesien, Japan, Alaska, Kalifornien, die Westküste Zentral- und
Südamerikas und ein Teil der Karibik.Vor Sumatra, den Nikobaren und den
Andamanen schiebt sich die indisch-australische Platte, die einen großen
Teil des Indischen Ozeans umfasst, in einer 1.000 Kilometer langen
Bruchzone mit ca. 7 cm pro Jahr in Richtung Nordosten unter die
eurasische Platte. Dies geschieht normalerweise mit vielen kleinen
Rucken. Das Epizentrum des Seebebens liegt am Rand der
Indisch-Australischen Platte, die sich unter die Eurasische Platte
schiebt. Erste Berechnungen ergeben ein Absinken der
Indisch-Australischen Platte um bis zu ca. 10 m verbunden mit einer
gewaltigen Rissbildung auf einer Länge von über 1000 km. Dieser
plattentektonische Vorgang verursachte einen der schwersten Tsunami in
der Geschichte der Menschheit. Dieses stärkste Beben in der Region seit
1924 hatte die Stärke 8,1; das Epizentrum lag zwischen Australien und
der Antarktis, rund 500 Kilometer nördlich von Macquarie Island. Am
26.12. kam es zu einer ruckartigen Anhebung des Meeresbodens auf zuerst
500 Kilometern Länge, die sich durch die zahlreichen Nachbeben auf 1.000
Kilometer ausdehnte. Dabei bewegte sich der Meeresboden der eurasischen
Platte in dieser Länge um 10 bis 30 Meter nach oben. Diese plötzlichen
Vertikalbewegungen lösten Flutwellen, Tsunamis aus, die den ganzen
Indischen Ozean durchzogen und an einigen Stellen die Küsten
überschwemmten. Im Jet Propulsion Laboratory der NASA stellten
US-Forscher fest, dass sich durch die Verlagerung der tektonischen
Platten in Folge des schweren Bebens die Erdrotation beschleunigt haben
könnte. Auf Grund der bei dem Beben bewegten Erdmasse komme man
rechnerisch darauf, dass die Länge eines Tages um 3 Mikrosekunden kürzer
geworden sei. Außerdem habe die Erdachse bei dem Beben einen Schlag um
rund 2,5 Zentimeter bekommen. Ferner wurde die europäische Platte um 1
cm emporgehoben und um 2 cm nach Norden verschoben, rutschte aber nach
wenigen Minuten wieder in ihre Ausgangslage zurück. Eine weitere Folge
der Verschiebung der tektonischen Platten ist das Versinken von 15
kleineren der 572 Inseln der Andamanen und Nikobaren unter den
Meeresspiegel. Darüber hinaus wurden die Nikobaren und die vor der
Nordwestküste Sumatras und damit dem Epizentrum am nächsten gelegene
Simeulue-Insel messbar etwa 15 Meter in südwestliche Richtung
verschoben. Das Beben ereignete sich fast exakt (1 Stunde früher) ein
Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in Bam (Südiran). Das Beben erinnert
auch an den Ausbruch des Krakatau 1883, der aufgrund einer Flutwelle
36.000 Menschen das Leben kostete. Bei keinem anderen Ereignis seit dem
29. April 1991, als vor der Küste Bangladeschs ein verheerender
Wirbelsturm tobte und eine anschließende 6 Meter hohe Flutwelle
hervorrief, der die Küstenregionen verwüstete und etwa 200.000
Todesopfer insgesamt forderte, sind so viele Menschen ums Leben
gekommen. Die größten historischen Erdbeben bisher – Todesopfer 893:
Iran – 150.000 1201: Ägypten/Syrien – weit über 1 Million 1556:
Nordchina – 830.000 1737: Kalkutta/Indien – 300.000 1755:
Lissabon/Portugal – ca. 100.000 allein in Lissabon (Seebeben) 1850 :
China – 300.000 1908 : Messina, Reggio Calabria/Italien – größter
Tsunami im 20. Jh. – ca. 80.000 1920/1927: China – mehr als 200.000
1976: Tangshan/China – mehr als 255.000 starke Beben mit Magnitude 6 und
höher finden durchschnittlich alle 3 Tage statt. Dass wir davon selten
etwas mitbekommen, liegt daran, dass die meisten dieser Erdbeben von den
Medien kaum wahrgenommen werden, weil sie nur wenig Schaden
verursachen: oft liegt ihr Epizentrum in Gebieten mit geringer
Bevölkerungsdichte, guter Bausubstanz oder im Meer. Die Erdbeben im 20.
Jahrhundert haben mehr als 2 Millionen Menschen getötet. Die
volkswirtschaftlichen Schäden betrugen im Jahr 2000 ca. 310 Mio. Euro
und in den letzten 10 Jahren ca. 6 Mrd. Euro. Der höchste bisher
gemessene Wert auf der Richter-Skala beträgt 9,5 (bei mehr als 10 würde
ein ganzer Kontinent aufreißen),festgestellt beim Seebeben 1960 im
Pazifik vor der Küste Chiles. Das aktuelle Seebeben am 26.12.2004 an der
Westküste Nord-Sumatras war das fünft stärkste in den letzten 100
Jahren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen