Mittwoch, 11. Dezember 2013

Säuglinge 0 - 2 Jahre

Heute, in einer Zeit, in der die meisten Kinderkrankheiten ausgerottet sind, treten an deren Stelle zum Teil ungeachtete, neue Gesundheitsprobleme, wie z.B. die seelische Not, die zu psychosomatischen Schädigungen des Kindes führt, und die mit dem Defizit an elterlicher und allgemeiner menschlicher Wärme bereits in der allerersten Lebenszeit beginnt. Schon das Neugeborene ist zur Wahrnehmung der grundlegenden Sinneseindrücke sehr wohl fähig, und das erste und zweite Lebensjahr, besonders durch die Grunderfahrung des Gestilltwerdens, ist der wesentliche Abschnitt in der Entwicklung des Menschen. In seinem späteren Leben lernt der Mensch nie wieder so viel in so kurzer Zeit (man weiß immer noch nicht genug über die Erlebniswelt des Kindes im Mutterleib).
Die ruckartig eintretende Umstellung in den Kreislaufvorgängen und in der Ernährung, beim einschneidendsten Ereignis in der physisch-seelischen Entwicklung des Menschen, bei der Geburt, infolge des Zerreißens der Verbindung zwischen mütterlichem und kindlichem Organismus, weiters die vielfachen Einflüsse der Außenwelt, bringen schwerwiegende physische Erschütterungen mit sich, die eine zeitlang nachwirken. Der Trieb des Neugeborenen, dem Körper der Mutter nahe zu sein, ist unmittelbar nach der Geburt besonders stark. Erikson hat erforscht und beschrieben, wie sich – gestützt auf die Erfahrungen im ersten Lebensjahr – Urvertrauen und Urmissvertrauen entwickelt und zu Verhaltensweisen führt, die für das ganze Leben bestimmend und relativ wenig wandelbar sind. Die Erlebnisse und Ereignisse der ersten Lebensstunden und -tage spielen eine entscheidende Rolle. Rooming-in, die gemeinsame Unterbringung von Mutter und Kind im gleichen Zimmer, sollte unmittelbar nach Verlassen des Kreißsaales auf der Wöchnerinnenstation fortgesetzt werden. Es ist die beste, den mütterlichen und kindlichen Bedürfnissen gerecht werdende Form der Betreuung. Bei Rooming-in tritt die Wochenbettdepression, eine Folge der äußerst labilen Stimmungslage nach der Geburt, viel seltener auf. Die außerhalb des Rooming-in-Systems Müttern und Säuglingen auferlegten langen Trennungszeiten, schränken den körperlich vermittelten Signalaustausch drastisch ein: Das Miterleben der noch kurzen Wachpausen, die Blickkontakte, das sich wiederholende Beobachten des lang ersehnten Kindes sowie die eigenständige Aufnahme intensiver Beziehungen von Seiten des Neugeborenen zu seiner Umwelt, fehlen. Die Neugeborenen vermögen die eigene Mutter nach bestimmten Signalen von anderen Personen bereits nach wenigen Tagen exakt zu unterscheiden, und sie sozusagen ihrer eigenen kleinen Persönlichkeit einzuverleiben. Sie können sehen und hören, sie tasten die Züge des menschlichen Gesichts ab, sie riechen ihre Mutter, und es gelingt ihnen, mit ihrem ausgeprägten Geruchssinn sogar die Milch der eigenen Mutter von fremder zu unterscheiden. Ein Verstehen der nonverbalen kindlichen Signale kann sich nicht entwickeln, wenn die fundamentalen emotionalen Beziehungen pausenlos gestört werden, indem man das Kind von der Mutter immer wieder trennt.
Knaben sind im Durchschnitt 200 g schwerer als Mädchen. Von Frühgeborenen spricht man, wenn die Kinder weniger als 2500 g wiegen.
Die nach der Geburt eintretende Gewichtsabnahme beträgt meist 7 – 8% des Geburtsgewichts. Der Gewichtsverlust kommt vor allem durch einen Wasserverlust zustande.
Nach der Geburt ist das Kind mit einer käsigen Schmiere (Vermix caseosa) bedeckt; das ist eine grauweiße Auflagerung, welche die Eigenfarbe der Haut verdeckt. Die Haut des neugeborenen Kindes ist nach dem Abwaschen von zarter, samtiger Beschaffenheit sowie von rosiger, manchmal auffallend roter Farbe. Harmlos sind die Neugeborenenrötung, die Schuppung an einzelnen Teilen oder am ganzen Körper, die Milien (auch Neugeborenen-Mitesser genannt), die blauen Geburtsflecken oder stecknadelgroßen Blutschwämme, Phimose, die Schwellung der Brustdrüsen, das blasse Feuermal auch “Storchenbiss” genannt, welches eine Erweiterung von kleinsten Hautblutgefäßen von der Nasenwurzel gegen die Haargrenze oder in der Nackengegend sind. Die Geburtsgeschwulst ist das Ergebnis der während der Wehentätigkeit durch den Muttermund bewirkten Umschnürung, die dem Rückfluss von Blut und Lymphe aus dem Kopf ein Hindernis entgegensetzt, die Druckdifferenz zwischen dem Inneren der Gebärmutter und der Außenwelt. Die gestaute Gewebsflüssigkeit verteilt sich nach der Geburt rasch und ist in der Regel nach zwei Tagen verschwunden. Da jede Wehe eine vorübergehende Zirkulationsbehinderung bewirkt, kommt es leicht zu kleinen Gefäßrissen. Eine natürliche Geburtsfolge ist die bei Schädellagen eintretende mehr oder weniger starke Verschiebung der Schädelknochen und die daraus resultierende so genannte Konfiguration des Kopfes, d.h. seiner äußeren Form. Sie entsteht durch den Druck im weichen, aber engen Geburtskanal.
Die Neugeborenenperiode ist mit etwa einer Woche begrenzt; in dieser Zeit passt sich das Neugeborene an die Außenwelt an. Der nach der Geburt am Körper des Kindes belassene Nabelstrangrest wird natürlich als frische Wunde aseptisch versorgt. Es genügt, wenn er mit sterilen Gazetupfern umhüllt wird. Im Verlauf der ersten Tage verliert er seine sulzige Beschaffenheit und mumifiziert, d.h. er trocknet aus. Bleibt bei breit aufsitzender Nabelschnur eine größere Wundfläche zurück, so können sich Granulationen (rote, höckerige, stark nässende Wucherungen) bilden, die entfernt werden müssen (Lapisstift). Zeigt sich auf der Haut neben dem Nabel eine blutige Kruste, ist dies kein Grund zur Besorgnis.
Der Nabelbruch ist in der Regel eine harmlose Erscheinung. Um ein Herausrutschen des Bruchinhalts zu vermeiden, klebt man zwei 2 cm breite Leukoplaststreifen dachziegelartig über eine in der Mittellinie des Bauches und damit über dem Bruch gebildete Falte. Wichtig ist, dass der Pflasterverband, sobald er sich lockert, was gewöhnlich nach ca. zwei Wochen der Fall ist, immer wieder erneuert wird.
40 – 50 Atemzüge pro Minute sind beim neugeborenen Kind durchaus nicht krankhaft. Eine gewisse Schreiintensität löst tiefe Atemzüge aus und trägt zur Entfaltung der bis zur Geburt vollkommen luftleeren Lungen wesentlich bei. Ein pfeifendes Atemgeräusch oder angeborener Stridor (hört sich an wie das Glucken der Henne bzw. wie Hahnenkrähen) ist von keinerlei Behinderung der Atmung begleitet, und verschwindet bis zum 2. Lebensjahr; harmlos sind auch das “Schniefen” oder “Schnarcheln”.
Der Leistenbruch verursacht eine Vorwölbung in der so genannten Leistengegend. Er ist nicht selten und bei Knaben viel häufiger zu beobachten als bei Mädchen. Er kommt durch einen noch im Mutterleib noch nicht vollkommen gelungenen Abschluss des Bauchraumes zustande. In der Badewanne gelingt es leichter, durch leichten Druck mit den Fingern die Vorwölbung in den Bauch zurückzubringen. Gelingt es nicht, ist die Vorwölbung hart und das Kind sehr unruhig, muss sofort ein Arzt gerufen werden, da es sich um eine Einklemmung von Darmschlingen handelt.
Bei allen Neugeborenen findet man eine Vermehrung des Gallenfarbstoffes im Blut, die sich meist als so genannte Gelbsucht des Neugeborenen äußert. Es handelt sich dabei um eine Folge des Übergangs vom Leben im Mutterleib in die Außenwelt, und das gelbe Aussehen der Haut und der Schleimhäute verschwindet langsam gegen Ende der ersten Woche und ist harmlos. Wenn die Gelbsucht jedoch schon in den ersten 24 Lebensstunden deutlich ausgeprägt ist, handelt es sich um eine krankhafte Form des Neugeborenenikterus (Ikterus gravis). In diesem Fall wird dem Kind durch die Nabelschnurgefäße ein großer Teil des “schlechten” Blutes entnommen und dieses durch Transfusion von rhesuspositivem Normalblut ersetzt. Dieselbe Behandlung wird auch bei gewissen Unverträglichkeiten im so genannten A-B-O-Blutgruppensystem angewandt. Bei mittelschweren Formen der Gelbsucht macht man heute von der Phototherapie Gebrauch, nachdem man beobachtet hat, dass gelbe Kinder, die bei Sonnenschein in Fensternähe liegen, ihre Gelbsucht schneller verlieren. Es werden Bestrahlungslampen mit blauweißem Licht mit einer Wellenlänge ähnlich dem Tageslicht über dem Kind angebracht. Die Kinder liegen nackt unter der Lampe in einem Brutkasten. Durch die Strahleneinwirkung wird bei diesem Verfahren das Bilirubin in unschädliche chemische Bestandteile zerlegt, die der Körper ohne Schwierigkeiten ausscheidet.
Das Gehirn des Menschen ist zur Zeit der Geburt viel jünger als das des Tieres. Diese außergewöhnliche Unreife des Menschen bei der Geburt und die fast 20 Jahre dauernde Kindheit und Jugendzeit sind offenbar der Preis für die hohe geistige Entwicklung des Menschen. Kleinkinder bedürfen der Pflege – im Sinne der weitestgehenden Befriedigung ihrer Bedürfnisse – und nicht der Erziehung, die zur späteren Hemmung und Aggressionsbereitschaft oder Neigung zu psychosomatischen Erkrankungen führen kann.
Die Zahnung beginnt durchschnittlich im 6. – 9. Lebensmonat. Am Ende des 1. Lebensjahres sind meist sechs oder alle acht Schneidezähne vorhanden, beim Übergang vom 2. – 3. Lebensjahr ist das Milchgebiss mit 20 Zähnen fertig. Während der Zeit der Zahnung ist die Widerstandskraft des Kindes geschwächt; es ist oft unruhig, verdrießlich, verweigert die Nahrung, ist schlafgestört und anfälliger für Infektionen.
Das Säugebedürfnis ist im 1. Vierteljahr sehr ausgeprägt. Daumen oder Schnuller im Mund sind tröstend und beruhigend. Man sollte nie dem Kind das Fäustchen oder den Daumen aus dem Mund ziehen und sein noch nicht gestilltes Saugbedürfnis berücksichtigen. Leidet ein Kind an Koliken, kann ein Schnuller in den frühen Lebensmonaten eine echte Hilfe sein.
Weder Daumen noch Schnuller wirken sich in den ersten zwei Lebensjahren nachteilig auf die Kieferstellung und die bleibenden Zähne aus, nur ausgesprochen exzessives Daumenlutschen kann den vorderen Teil des Oberkiefers etwas nach außen und die unteren Zähne nach innen drücken. Der Trinkakt an der Brust hat kieferorthopädisch eine prophylaktische Bedeutung: Durch die Saug-Melk-Bewegungen, die gegenüber den “einfachen” Saugbewegungen am Flaschenschnuller recht intensiv sind, werden Wachstumsreize zur Entwicklung eines kräftigen Kauorgans ausgelöst.
Das neugeborene Kind, welches gleich nach der Geburt auf den Bauch oder in den Arm der Mutter gelegt wird, erfährt seinen neuen Lebens- und Funktionsraum mit Hilfe seiner Haut, dem primären Sinnesorgan. Das Berührungserlebnis beeinflusst in den ersten Lebensstunden und Wochen bzw. Monate danach, sein weiteres Wachstum und seine Entwicklung ganz wesentlich. Mit Mund und Gliedern saugt sich das Kind förmlich an seine Mutter an und findet dabei die durch den Austritt aus dem Mutterleib verlorene Geborgenheit wieder. Wird ein Kind vorwiegend im Kinderwagen herum geschoben und somit zur Passivität gezwungen, kann sich seine Wahrnehmungsfähigkeit nicht genügend entwickeln und sie kann abstumpfen.
Das Kind erwirbt im ersten Lebensjahr und darüber hinaus schrittweise durch den leiblichen Kontakt mit Eltern und Bezugspersonen Sicherheit sowie Vertrautheit mit dem Stimmungsklima seiner Umgebung. Das Maß der Nähe zur Mutter bestimmt das Tempo seiner physischen und psychischen Entfaltung. Genauso wie die Stimme der Mutter dem Kind die akustischen Reize bietet, die für die Sprachentwicklung erforderlich sind, vermitteln ihre Brust, ihre Hände und ihre Finger dem Säugling alle taktilen Reize. Die einfachen Tragetücher sind allen auf dem Markt angebotenen Trageschlingen und Tragebeuteln vorzuziehen, da nur sie einen optimalen Körperkontakt mit dem Kind ermöglichen. In den ersten Wochen ist darauf zu achten, dass der Kopf des Säuglings vom Tuch gut gestützt wird. Im Tragetuch sitzt das Kind anatomisch richtig im Spreizsitz auf der Hüfte der Mutter.
Schreien und Weinen des Säuglings sind immer Hilferufe nach Liebe und Zuwendung.
Das Strampeln beim Wickeln ist eine natürliche Gymnastik und ein unmissverständlicher Ausdruck der Daseinsfreude, des Wohlbehagens und der Zufriedenheit. Mit abgespreizten, angezogenen Beinen und gebeugten Knien entspannt sich das Kind und ruht sich bequem aus. Dieser Wechsel von motorischer Aktivität und Entspannung ist eine natürliche Voraussetzung zur Anregung seiner körperlichen Entwicklung, insbesondere der Knochen, Gelenke, Bänder und Muskeln. Breitwickelmethoden, die dem Säugling die größtmögliche Bewegungsfreiheit – vor allem in den Hüften – gewähren, sind ideal. Die Kleidung sollte nie zu kompakt sein.
Säuglinge soll man nicht nur in der Rückenlage, sondern auch auf dem Bauch liegen lassen. Die meisten Kinder, die vorwiegend auf dem Rücken liegen, drehen sich nahezu automatisch in eine seitliche Schräglage, die eine Verkrümmung der Wirbelsäule hervorrufen kann, welche sich nicht in allen Fällen später wieder ausgleicht. Die Bauchlage fördert die geistige Entwicklung. Mit einem Monat hält das auf dem Bauch liegende Kind den Kopf bereits senkrecht und sicher in Normalstellung, und steht im Durchschnitt vier bis sechs Wochen früher auf den eigenen Beinen als Rückenlagekinder.
Baden: Das Badewasser soll hautwarm (ca. 35°C) sein und die Badezimmertemperatur ca. 22°C betragen. Schaumbäder sind wegen ihrer intensiven austrocknenden Wirkung abzulehnen, und mit Seifen sollte sparsam umgegangen werden, da sie die Haut ihrer natürlichen Schutzstoffe berauben. Ideal sind Kleie oder ölhaltige Badezusätze. Ein oder zwei Bäder wöchentlich genügen vollkommen. Eine tägliche Reinigung der Ohren und der Nasenlöcher sowie der Augenwinkel ist nicht nötig; erfahrungsgemäß kann man sich nämlich auf die Selbstreinigung der Körperöffnungen verlassen. Das Einhüllen des Kindes in Puderwolken und das Entstehen von Puderklümpchen in Hautfalten, die zu Hautreizungen führen, müssen vermieden werden.
Im 1. Lebensvierteljahr macht die Gewichtszunahme, abgesehen von einer Gewichtsabnahme unmittelbar nach der Geburt, rasche Fortschritte. Sie beträgt im ersten Monat 500 – 600 g, im zweiten 800 – 900 g, im dritten ca. 700 g. Ähnliches gilt für das Längenwachstum. Am Ende des dritten Lebensmonats betragen die Maße ca. 55 – 60 cm.
Im Laufe des 1. – 2. Monats kann man schon ein flüchtiges Lächeln wahrnehmen, spätestens im dritten ist das erste bewusste Lachen für die Eltern ein beglückendes Erlebnis. So wie das Hören von Herztönen auf das Kind in den ersten Lebenswochen beschwichtigend wirkt, schafft die Sprache eine intim-vertrauliche Atmosphäre und es ist sehr wichtig, vom ersten Tag an, mit dem Kind zu reden. Das Kind ist glücklich, wann immer es in seiner Umgebung vertraute Stimmen hört, wenn es liebkost wird und es schätzt Geselligkeit. Es will nicht weggelegt, sondern herumgetragen werden, von seiner interessanten Umwelt Kenntnis nehmen und Eindrücke sammeln.
Der Schlafbedarf ist sehr groß (15 – 20 Std.). Um das Schielen zu verhindern ist es wichtig, die Spielsachen beim Kinderbettchen nicht zu nahe vor die Augen des Kindes anzubringen. In kritischen Situationen nehme man das Kind ruhig zu sich ins Bett, wo es sich sicher und geborgen fühlt; eine Verwöhnung ist dadurch nicht gegeben!
Die durchschnittliche Gewichtszunahme im 2. Lebensquartal beträgt ca. 150 g pro Woche. Das Kind wächst monatlich ca. um 2 cm, d.h., es misst mit einem halben Jahr rund 66 cm. Keinen Augenblick darf das Kind unbeaufsichtigt auf dem Wickeltisch liegen, da es sich bereits selbständig vom Bauch auf den Rücken oder umgekehrt, rollen kann.
Es steckt seine Finger und alles, was es damit fassen kann, in den Mund, denn dieser ist eines der wichtigsten Tastorgane. Man kann das Kind auf eine saubere Decke legen und spielen lassen, mit runden, glatten, abwaschbaren Dingen. Geräusche, die es mit einem Spielzeug hervorzaubern kann, bilden sein Entzücken. Gegen Ende des 2. Vierteljahres spielt die Hand als Werkobjekt eine immer wichtigere Rolle.
Wenn möglich, sollte man sich mehrere Stunden täglich dem Kind zuwenden und sich mit ihm spielend befassen. Es darf aber nicht überfordert werden, da es vorerst die Zeit braucht, seine Umwelt zu beobachten und sich selbst damit auseinanderzusetzen.
Im 3. Vierteljahr wird der Anstieg der Gewichtskurve flacher, die Monatszunahme beträgt jetzt 500 g im Durchschnitt; mit neun Monaten wiegt das Kind zwischen 8 und 9 kg bei einem Wachstum von weiterhin 2 cm monatlich. Es entwickelt die bewusste und unwillkürliche Motorik, koordiniert die Bewegungen. Das Rutschen ist in diesem Alter die beliebteste Fortbewegungsart. Das Kind soll sich möglichst ohne Bedrängung und ohne jeden Zwang zu einer selbständigen Persönlichkeit entwickeln können. Eine reiche Auswahl an Spielzeug sollte vorhanden sein, wie weiche Teddys, Stoffpuppen oder Gummitiere, Schachteln mit Deckeln, ein Stoffball…Die Spielsachen werden bestaunt, geprüft, betastet und immer noch zum Mund geführt. Gegen Ende des Vierteljahres bereitet das Fallenlassen dem Kind großen Spaß. Ansätze zum eigentlichen Kriechen sind im 8. und 9. Monat erkennbar, das “Fremdeln” kann an einem anderen Zeitpunkt stattfinden. Das Sprechen mit dem Kind ist nach wie vor sehr wichtig; es versteht Blicke und Mienenspiele der Eltern sehr gut. Für die Sprachentwicklung ist ein ruhiger, liebevoller und freudiger Tonfall des Sprechens fördernd.
Im 4. Vierteljahr verläuft die Gewichtskurve weiterhin flach. Die Monatszunahme beträgt jetzt durchschnittlich 400 – 500 g. Am Ende des 1. Lebensjahres hat sich das Geburtsgewicht etwa verdreifacht. Das Gewicht des Kindes beträgt nun ca. 9 – 10 kg bei einer Größe von ca. 75 cm. Während der Gewichtszuwachs im 1. Lebensjahr etwa 6 kg beträgt, nimmt das Kind im 2. Lebensjahr nur 2 – 3 kg zu; am Ende dieser Periode wird eine Körperlänge von ca. 87 cm erreicht.
Anfang des 2. Lebensjahres muss man den Kindern große Bewegungsfreiheit geben. Jede unnötige Einengung, welcher Art auch immer, ist geeignet, ihre körperliche und geistige Entwicklung zu hemmen. Da der Forschungsdrang und die natürliche Neugierde der Kinder sehr groß sind, und sie ihre Umwelt immer genauer kennen lernen wollen, muss alles, wovon ihnen Gefahr droht, beseitigt oder abgesichert werden, denn nichts ist vor ihrem Zugriff sicher! Steckdosen sollen daher mit Kindersicherungen versehen werden, Medikamente, Putzmittel etc. sich nicht in Reichweite des Kindes befinden. Wann das Kind zu sprechen beginnt, hängt von Temperament und Veranlagung ab, nicht aber von seiner Intelligenz. Doch – je intensiver die Zwiegespräche zwischen Mutter und Kind sind, desto stärker ist es angeregt zu sprechen. Das Kind wird später, wenn es lernt, selbst zu artikulieren, dabei viel weniger Schwierigkeiten haben. Das Vokabular des 14 Monate alten Kindes besteht aus etwa drei bis fünf sinnvollen Wörtern; mit eindreiviertel Jahren bildet es die ersten Zwei-Wort-Sätze, mit 2 Jahren kennt es 50 – 250 Wörter und es kommen Drei-Wort-Sätze zustande.
Erst mit einem Jahr erreicht der Mensch die körperlichen Merkmale und Eigenschaften anderer Primaten zum Zeitpunkt der Geburt. Die frühe Entwicklungsphase hat einen prägenden Einfluss auf das spätere Leben des Kindes. Gesunde oder krankhafte Entwicklung, Erfolg oder Versagen hängen weitgehend von seinen Wahrnehmungen und Erfahrungen in der allerersten Lebensperiode ab. Falsch ist es, die Kinder “dressieren” oder “erziehen” zu wollen; das Kind soll weder zum Essen gezwungen werden, noch einer strikten Sauberkeitserziehung unterzogen werden. Je früher eine Traumatisierung für das Kind erfolgt, und je länger sie anhält, umso schwerwiegender wird die Schädigung in der Persönlichkeitsentwicklung desselben ausfallen. Wenn nur ein Elternteil erziehungsberechtigt ist, so bildet dies einen viel günstigeren Erziehungsrahmen, als eine komplette Familie mit dauernd streitenden Eltern.
Auch der “Pendelverkehr” zwischen geschiedenen oder getrennten Eltern, dem ein Kind schon im 2. Lebensjahr ausgesetzt sein kann, schafft fast immer eine höchst neurotisierende Situation.
Ein physisch und psychisch gesundes Kind, an dem nicht bereit jetzt “herumerzogen” wird, ist stets gut gelaunt und kontaktfreudig. Es kann gehen, sich bücken, und mit eineinhalb Jahren vermag es bereits ein paar Stufen im so genannten Kinderschritt, hinaufzusteigen, vorausgesetzt, es hat irgendwo einen Halt. Für die Entwicklung des kindlichen Fußes ist das Barfußgehen am Zweckmäßigsten. Was die Schuhwahl betrifft, ist unbedingt auf die richtige Größe und Weite des Schuhwerks zu achten.
Spielen ist vorwiegend Nachahmung und lustbetontes Lernen. Sein Spiel (soziales Lernen) ist in dieser Altersstufe vor allem eine Widerspiegelung seines Gefühlslebens: Die Zärtlichkeit, deren es noch in so großem Maße bedarf, projiziert es auf seine Spielgefährten. Gegen Ende des 2. Lebensjahres gestaltet sich das Spiel zusehends phantasievoller, das Kind spielt konzentriert und wird zu schöpferischem Denken angeregt.
Sobald das Kind sauber ist, sollte man versuchen, die Windeln ganz wegzulassen. Das Spielen mit den Geschlechtsteilen ist völlig normal, das Kind erforscht seinen Körper.

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